Dienstbefreiung

Grundsätze:

Der Beschäftigte schuldet seinem Arbeitgeber aus der arbeitsvertraglichen Beziehung dauernd seine persönliche Arbeitsleistung. Mitunter ist er hieran durch äußere Umstände oder aus persönlichem Anlass gehindert, wie etwa bei Geburt, Sterbefall, Musterung, Vorladungen bei Behörden und Gerichten, ehrenamtlicher Tätigkeit, Verkehrsstau, Hochzeit etc. Hat weder der Beschäftigte noch der Arbeitgeber die Verhinderung zu vertreten, so gilt zunächst der Grundsatz „ohne Arbeit keinen Lohn“.

Dieser Grundsatz wird im allgemeinen Arbeitsrecht (§ 616 BGB) durchbrochen für die Fälle, in denen der Beschäftigte vorübergehend aus persönlichem Grund und ohne sein Verschulden an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert ist. Der persönliche Verhinderungsgrund muss die Arbeitsleistung nicht notwendig unmöglich machen; es genügt, wenn dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben die Arbeitsleistung nicht zumutbar ist, wie z. B. Geburt, Sterbefall oder Begräbnis in der Familie. Dieser Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung kann einzel- wie tarifvertraglich erweitert, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Bestimmt demnach ein Tarifvertrag, unter welchen Voraussetzungen und aus welchen Anlässen ein Vergütungsanspruch zuerkannt ist, sind Ansprüche nach § 616 BGB ausgeschlossen.

Eine solch abschließende spezielle Regelung ist § 29 TVöD, was auch durch seine Bezugnahme auf § 616 BGB deutlich wird.

Die Freistellungsgründe werden im Bereich der Evangelischen Landeskirche Baden durch die Arbeitsrechteregelung für Mitarbeiter (AR-M) erweitert.

Die einzelnen in § 29 TVöD aufgeführten Freistellungsgründe können in 5 Gruppen zusammengefasst werden

  • Verhinderung aus persönlichen Gründen
  • Verhinderung zur Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht
  • Verhinderung aus sonstigen dringenden Gründen
  • Verhinderung zur Erfüllung gewerkschaftlicher Aufgaben und zur Teilnahme an Tarifverhandlungen
  • Verhinderung wegen Tätigkeiten in Ausschüssen nach BBiG und in Organen von Sozialversicherungsträgern

Bei einer Verhinderung in den ersten beiden Gruppen hat der Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf Arbeitsbefreiung.

Bei einer Verhinderung in den Gruppen 3–5 steht die Gewährung der Arbeitsbefreiung im pflichtgemäßen Ermessen des Arbeitgebers.

Die Arbeitsbefreiung muss so rechtzeitig beantragt werden, dass dem Arbeitgeber noch genügend Gelegenheit bleibt, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen (bei Abs. 1, 2) bzw. von seinem Ermessen pflichtgemäß Gebrauch zu machen (Abs. 3, 4). Ist ausnahmsweise ein vorheriger Antrag nicht möglich, ist die Zustimmung unter Angabe von Gründen unverzüglich zu beantragen. Der Arbeitgeber kann die Vorlage von Beweisen verlangen.

Verhinderung aus persönlichen Gründen

Ein Arbeitstag:

  • Niederkunft der Ehefrau/der Lebenspartnerin im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes
  • Umzug aus dienstlichem oder betrieblichem Grund an einen anderen Ort
  • 25- und 40 -jähriges Arbeitsjubiläum
  • schwere Erkrankung einer/eines Angehörigen, soweit sie/er in demselben Haushalt lebt,
    Eine Freistellung erfolgt nur, soweit eine andere Person zur Pflege oder Betreuung nicht sofort zur Verfügung steht und die Ärztin/der Arzt in den Fällen der Doppelbuchstaben die Notwendigkeit der Anwesenheit der/des Beschäftigten zur vorläufigen Pflege bescheinigt

Zwei Arbeitstage:

  • Tod der Ehegattin/des Ehegatten, der Lebenspartnerin/des Lebenspartners im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes, eines Kindes oder Elternteils

Bis zu vier Arbeitstagen

  • Mitarbeitende erhalten bei schwerer Erkrankung eines Kindes, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist, bis zu vier Arbeitstagen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts, wenn im laufenden Kalenderjahr kein Anspruch nach § 45 SGB V besteht oder bestanden hat.(Hier gibt es als kirchliche Sonderreglung eine Erweiterung zum reinen tariflichen Anspruch (kursiv gedruckt)
  • Schwere Erkrankung einer Betreuungsperson, wenn Beschäftigte deshalb die Betreuung ihres Kindes, das das 8. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung dauernd pflegebedürftig ist, übernehmen muss.

Eine Freistellung erfolgt nur, soweit eine andere Person zur Pflege oder Betreuung nicht sofort zur Verfügung steht und die Ärztin/der Arzt in den Fällen der Erkrankung des Kindes bzw. des Angehörigen die Notwendigkeit der Anwesenheit der/des Beschäftigten zur vorläufigen Pflege bescheinigt. Die Freistellung darf insgesamt fünf Arbeitstage im Kalenderjahr nicht überschreiten.

erforderliche nachgewiesene Abwesenheitszeit einschließlich erforderlicher Wegezeiten

  • für ärztliche Behandlung von Beschäftigten, wenn diese während der Arbeitszeit erfolgen muss,
    Nähere Informationen finden sich unter der Randnummer 11.2 Arztbesuche

!! Ergänzend gelten folgende kirchliche Sonderregelungen !!

Freistellung erfolgt in den folgenden weiteren Fällen

ein Arbeitstag

  • bei der kirchlichen Trauung,
  • bei der Taufe und der Konfirmation eines ihrer Kinder,
  • bei der Übernahme eines Taufpatenamtes (für den Taufgottesdienst),
  • bei der kirchlichen Feier des 25-jährigen Jubiläums der kirchlichen Eheschließung der Beschäftigten / des Beschäftigten
  • 50-jähriges Dienstjubiläum

Fällt der Anlass der Arbeitsbefreiung auf einen arbeitsfreien Tag, so kann die Arbeitsbefreiung unmittelbar vor oder nach diesem Tag, auf Antrag bis zu einer Woche vor oder nach dem Ereignis genommen werden.

Bis zu 5 Arbeitstagen

  • bei der Geburt des zweiten und jedes weiteren Kindes, wenn ein Kind, das das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, zu versorgen ist und eine andere Betreuungsperson für diesen Zweck nicht zur Verfügung steht, für die Dauer des Klinikaufenthaltes, höchstens jedoch zusätzlich fünf Arbeitstage, sofern kein anderweitiger Anspruch besteht.

Verhinderung zur Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht

Bei Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht, soweit die Arbeitsbefreiung gesetzlich vorgeschrieben ist und soweit die Pflichten nicht außerhalb der Arbeitszeit, gegebenenfalls nach ihrer Verlegung, wahrgenommen werden können, besteht der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts nach § 21 nur insoweit, als Beschäftigte nicht Ansprüche auf Ersatz des Entgelts geltend machen können. Das fortgezahlte Entgelt gilt in Höhe des Er-satzanspruchs als Vorschuss auf die Leistungen der Kostenträger. Die Beschäftigten haben den Ersatzanspruch geltend zu machen und die erhaltenen Beträge an den Arbeitgeber abzuführen.

Verhinderung aus sonstigen dringenden Gründen)

  • Der Arbeitgeber kann in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 bis zu drei Arbeitstagen gewähren.
  • In begründeten Fällen kann bei Verzicht auf das Entgelt kurzfristige Arbeitsbefreiung gewährt werden, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es gestatten.

Zu den „begründeten Fällen“ können auch solche Anlässe gehören, für die nach Absatz 1 kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung besteht (z. B. Umzug aus persönlichen Gründen).

Weitere kirchliche Sonderreglung:

Gleichbehandlung mit Kirchenbeamtinnen und Kirchenbeamte:

Beschäftigte können in folgenden weiteren Fällen unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freigestellt werden

  • im Falle des Einsatzes einer Organisation der zivilen Verteidigung im Rahmen der zivilen Verteidigung und bei Katastrophen, soweit nicht gesetzliche Regelungen vorgehen;
  • bei Heranziehung zum Wasserwehrdienst, zum Bergwachtdienst zwecks Rettung von Menschenleben und zum freiwilligen Sanitätsdienst bei Vorliegen eines dringenden öffentlichen Interesses, soweit nicht gesetzliche Regelungen vorgehen.
  • Veranstaltungen der politischen Parteien, die im Bundestag oder im Landtag vertreten sind;
  • Tagungen und Lehrgänge, die Zwecken der Gewerkschaften oder der Berufsverbände dienen, auf deren Anforderung;
  • Tagungen der Kirchen und Religionsgesellschaften auf Anforderung der zuständigen Kirchenleitung oder der Leitung der Religionsgesellschaft; Veranstaltungen des Deutschen Evangelischen Kirchentages und des Deutschen Katholikentages (bis zu drei Tagen im Urlaubsjahr);
  • Tagungen, Lehrgänge und Veranstaltungen zur staatspolitischen Bildung; hier ist unabhängig von der Anerkennung der Förderungswürdigkeit durch andere Institutionen entscheidend, dass die staatspolitische Zielsetzung im Mittelpunkt der Tagung, des Lehrgangs und der Veranstaltung steht; die Vermittlung nur allgemeiner Kenntnisse über die politischen und sozialen Gegebenheiten anderer Staaten erfüllt diese Voraussetzung nicht; bei Studienreisen ist insbesondere zu prüfen, inwieweit sie touristischen Charakter haben oder der Befriedigung eines allgemeinen Bildungsbedürfnisses dienen; je nach dem Zuschnitt der Tagung, des Lehrgangs und der Veranstaltung kann in Betracht kommen, eine Beurlaubung auf Teile der Tagung, des Lehrgangs und der Veranstaltung zu beschränken;
  • Arbeitstagungen der Organisationen der Vertriebenen und Flüchtlinge im Rahmen der §§ 95, 96 des Bundesvertriebenengesetzes und des Verbands der Heimkehrer auf deren Anforderung zur ehrenamtlichen Mitwirkung;
  • Arbeitstagungen der überörtlichen Selbsthilfeorganisationen zur Betreuung behinderter Personen, der Kriegsopferverbände und der überörtlichen Familien- und Frauenorganisationen auf deren Anforderung zur ehrenamtlichen Mitwirkung;
  • Übungsveranstaltungen von Versehrtensportgemeinschaften oder sonstigen geeigneten Sportgemeinschaften, in deren Rahmen Versehrtenleibesübungen im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes durchgeführt werden, als
    • Übungsleiter,
    • Schwerbehinderter oder Gleichgestellter im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch;
  • Tagungen, Lehrgänge und Veranstaltungen des Deutsch-Französischen Jugendwerks als Leiter derartiger Tagungen, Lehrgänge und Veranstaltungen oder zur Vorbereitung (Ausbildung) für die Leitung solcher Tagungen, Lehrgänge und Veranstaltungen;
  • Arbeitstagungen des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Veranstaltungen dieser Organisation zur Pflege der Kriegsgräber;
  • Ausbildungsveranstaltungen von Organisationen der zivilen Verteidigung im Rahmen der zivilen Verteidigung, soweit nicht gesetzliche Regelungen vorgehen; auf die Bestimmungen über Freistellungen von der Dienstleistung nach dem Zivilschutzgesetz und nach dem Feuerwehrgesetz wird hingewiesen;
  • Lehrgänge des Deutschen Roten Kreuzes und ähnlicher Organisationen (z. B. Arbeiter-Samariter-Bund, Johanniter-Unfallhilfe, Malteser-Hilfsdienst, Wasserwehrdienst) und des Technischen Hilfswerks, soweit sie nicht unter Nummer 9.10 fallen;
  • Lehrgänge der Landesverkehrswacht;
  • Lehrgänge der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG)
  • dienstliche Veranstaltungen im Sinne von § 4 Abs. 4 des Wehrpflichtgesetzes;
  • Olympische Spiele, sportliche Welt- und Europameisterschaften, internationale sportliche Länderwettkämpfe und die jeweiligen dazugehörigen Vorbereitungskämpfe auf Bundesebene, Europokal-Wettbewerbe, nationale sportliche Länderwettkämpfe, Endkämpfe um deutsche sportliche Meisterschaften, Trainingslager zur Vorbereitung auf diese Wettkämpfe, wenn der Beamte von einem dem Deutschen Sportbund angeschlossenen Verband oder Verein als Teilnehmer benannt worden ist, Wettkämpfe beim Deutschen Turnfest und den Landesturnfesten, es muss sich jeweils um eine aktive Teilnahme handeln; zu den aktiven Teilnehmern gehören auch die ehrenamtlich tätigen Personen, deren Teilnahme nach den jeweiligen Statuten des Fachverbandes unter Berücksichtigung der Sportart für den sportlichen Einsatz der Mannschaft oder der Wettkämpfer dringend erforderlich ist (z. B. Trainer, Masseur, Mannschaftsarzt, technische Hilfskräfte, Schieds- oder Kampfrichter); Entsprechendes gilt bei derartigen sportlichen Veranstaltungen für Behinderte;
  • Kongresse und Vorstandssitzungen internationaler Sportverbände, denen der Deutsche Sportbund oder ein ihm angeschlossener Sportverband angehören, Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen des Nationalen Olympischen Komitees, des Deutschen Sportbundes und ihm angeschlossener Sportverbände auf Bundesebene sowie Vorstandssitzungen solcher Verbände auf Landesebene, wenn der Beamte dem Gremium ehrenamtlich angehört.
  • Aus anderen als den in den Nummern 8 und 9 genannten Anlässen kann im Rahmen des § 12 Abs. 1 Nr. 3 UrlVO Urlaub bewilligt werden, wenn das Innenministeriums im Benehmen mit dem Finanzministerium der Beurlaubung zustimmt.
  • Bei einem Urlaub nach dem Gesetz über die Erteilung von Sonderurlaub an Mitarbeiter in der Jugendpflege und Jugendwohlfahrt vom 13. Juli 1953 [ersetzt durch das Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes in der Jugendarbeit vom 20. November 2007 werden dem Beamten die Bezüge belassen.
    [Hinweis: Der Umfang der Freistellung beträgt bis zu zehn Arbeitstage im Jahr. Bei Personen in einer beruflichen Ausbildung bis zu fünf Kalendertagen.]